von Bastian Angele
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27. März 2022
Ein häufig angefragtes Thema in unserer EUTB ist die Beratung zur Beantragung des „Grades der Behinderung“ (GdB). Es gibt vielfältige Gründe für einen Antrag auf Feststellung eines GdB. Was der GdB unter anderem nützt, wie er zu bekommen ist und was bei der Beantragung zu beachten ist soll anhand eines Falles aus unserer Beratungspraxis veranschaulicht werden: Katrin B. (Name geändert) ist 34 Jahre alt und gelernte Malerin und Lackiererin. Seit Jahren verschlechterte sich Ihre körperliche Verfassung. Sie litt immer häufiger an Muskelschmerzen, konnte sich teilweise nur unter Schmerzen bewegen. Oftmals fehlte ihr die Kraft und die Energie Ihrer Arbeit nachzugehen oder Ihren Alltag zu bewältigen. Erst nach Jahren und vielen verschiedenen gestellten Diagnosen wie z.B. Depression konnte der wahre Grund für Ihre schlechte körperliche Verfassung gefunden werden. Frau B. hat eine seltene bzw. wenig bekannte Autoimmunerkrankung. Eine Diagnose „gefunden“ zu haben, die auch den körperlichen Zustand gut erklärt, hat es Frau B. erleichtert, ihre Beschwerden zu verstehen. Dennoch steht Sie an einem beruflichen Scheideweg. In den letzten Jahren konnte Sie oftmals nicht Ihrer Arbeit nachkommen und die Krankheitstage häuften sich. Nun ist Sie seit 7 Monaten im Krankengeldbezug. Glücklicher Weise schlagen die neuen Therapiemethoden gut an, es steht jedoch fest, dass Frau B. nicht weiter als Malerin und Lackiererin bzw. in keinem Beruf mit körperlicher Belastung arbeiten kann. Neben anderen Schritten wie dem Beantragen von „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ (LTA) wurde Frau B. in der medizinischen Reha empfohlen, einen Antrag auf die Feststellung eines „Grades der Behinderung“ zu stellen. Gerade Menschen, die noch im erwerbsfähigen Alter sind und noch weiterhin erwerbsfähig sein wollen und können, profitieren unter Umständen von einem GdB. Frau B.´s Ziel ist es, einen GdB von mindestens 50 zubekommen, denn ab dann gilt sie als „schwerbehindert“ und dies ermöglicht Frau B. einige mögliche Nachteilsausgleiche im Arbeitsleben: Dazu zählen unter anderem eine spezielle Förderung/Unterstützung (LTA=Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) durch die Agentur für Arbeit oder den Rentenversicherungsträger, 5 Tage mehr Urlaubsanspruch jährlich und ein „erweiterter Kündigungsschutz“. Den kompletten Überblick über mögliche Nachteilsausgleiche eines GdB findet man auch unter: https://www.betanet.de/nachteilsausgleiche-bei-behinderung.html Die Einstufung GdB ist von mehreren Faktoren abhängig. Grundsätzlich geht es bei der Feststellung der Behinderung nicht nur um die Diagnosen, sondern immer um das Funktionsdefizit bzw. um die Auswirkung der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (=“soziale Teilhabe“). Dabei spielt es auch eine Rolle, ob die Beeinträchtigung evtl. durch eine Therapie oder Behandlung beseitigt oder gelindert werden kann. Auch das Alter bzw. die Abweichung zum „alterstypischen Zustand“ oder die Anzahl der betroffenen Funktionsbereiche spielen bei der Einstufung eine Rolle. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird ein Gesamt-GdB ermittelt. Es werden hier allerdings die einzelnen Behinderungsgrade mehrerer Beeinträchtigungen nicht einfach addiert. Die Festlegung ist komplexer: Entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander und miteinander auswirken. Der Grad der Behinderung wird auf Antrag beim Versorgungsamt des zuständigen Landkreises durch ärztliche Gutachter bemessen. Das Versorgungsamt holt sich „von Amts wegen“ alle benötigten Unterlagen in Form von Befundberichten von behandelnden Ärzten, Krankenhäusern etc… Dennoch gibt es einige Dinge, die beim Beantragen zu beachten sind damit die Einstufung der Behinderung möglichst realistisch erfolgen kann. Wir empfehlen, im Vorfeld der Beantragung des GdB mit den behandelnden Ärzten ins Gespräch zu gehen. Zum einen ist der Arzt dann informiert, dass evtl. die Anforderung eines Befundberichts durch das Versorgungsamt kommt. Zum anderen können Sie genau über ihre Einschränkungen reden, denn diese sollten unbedingt auch im Befundbericht des Arztes aufgeführt sein. Zusätzlich kann man die Bearbeitung beschleunigen, wenn der*die Antragsteller*in zum Antrag schon vorhandene aktuelle Arztberichte, Krankenhaus- oder Reha Entlassberichte, MRT/CT Befunde, etc… beifügt. Frau B. wurde durch die EUTB Ravensburg-Sigmaringen beraten und beim Antrag unterstützt. Wichtig für uns ist, bei der Beratung immer die Logik hinter dem GdB zu erklären, aber auch zu klären, welches Ziel mit dem GdB verfolgt werden soll. Denn jeder Änderungsantrag kann auch eine Herabstufung des bisherigen Grades mit sich bringen. Frau B. hat einen GdB von 50 bekommen, da Sie neben der Autoimmunerkrankung noch weitere Diagnosen/Einschränkungen wie z.B. Asthma bronchiale hat. Mittlerweile konnte Frau B. eine Umschulung zur Bürokauffrau absolvieren. Der Grad der Behinderung war ein Baustein bei der beruflichen Umorientierung und kann für das weitere Erwerbsleben bei Bedarf weitere Unterstützungsmöglichkeiten bieten.